Wie kann man eine Wiese zu einem artenreicheren Lebensraum für Pflanzen und Tiere entwickeln? Dieser Frage will ein gemeinsames Projekt des Netzwerks „Wilde Wiese Wendland“ und des Lübelner Rundlingsmuseums nachgehen. Eine Gruppe von Freiwilligen, bestehend aus 13 Erwachsenen und drei Kindern, kam dafür am vergangenen Wochenende mit Klemmbrett und Maßband, Sensen und Rechen sowie Hacken, Grabgabeln und Spaten auf dem Gelände des Freilichtmuseums zusammen. In einer rund siebenstündigen Aktion wurde eine Wiesenfläche auf dem Museumsgelände untersucht, um sie in den kommenden Monaten zu pflegen und zu gestalten.
Auf der Wiesenfläche sollen unterschiedliche Umgangsweisen mit diesem Lebensraum beispielhaft erprobt und demonstriert werden: Ein Drittel der Fläche wird, wie schon seit einem Jahr, durch Sensenmahd und Abharken des Mahdguts gepflegt, bleibt ansonsten aber unangetastet. Auf einem weiteren Drittel findet ebenfalls eine Mahd statt, in Teilen wird aber eine Mischung aus wendlandtypischen Wiesenblumen durch Saat und Pflanzung eingebracht. Das letzte Drittel bleibt weiter als Brache sich selbst überlassen, nur ein Vordringen von Gehölzen wird wenn nötig verhindert.
„Wiesen sind ein wesentlicher Teil der Rundlingslandschaft“, erklärt Kreiseler. „Deshalb passt es sehr gut, sich mit diesem Lebensraum auf dem Museumsgelände zu beschäftigen.“ Im vergangenen Jahr wurde die etwa 900 m² große Wiesenbrache in der Nähe der Obstscheune als neuer Teil des wachsenden „Wiesennetzwerks“ der Initiative Wilde Wiese Wendland angemeldet. Zur Kulturellen Landpartie organisierte die Initiative dort in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal Veranstaltungen rund um das Thema Wiese, die von insgesamt jeweils über tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern besucht wurden. Das Museum unterstützt auch dadurch, dass einzelne Rasenflächen auf dem Gelände als Anschauungsobjekt eine Zeitlang ungemäht bleiben.
In einem ersten Schritt wurden nun Dauerprobeflächen eingemessen, auf denen die Vegetation wissenschaftlich erfasst wurde. Verändert sich die Pflanzenfalt je nach Art der Behandlung, wird das auf diese Weise nachgewiesen werden können. Nach der Sensenmahd und dem Abharken trugen die Freiwilligen auf einer Teilfläche von Hand die Grassoden ab, um ein konkurrenzfreies Saatbett zu schaffen. Handaussaat und Walzen bildeten den Abschluss.
Alle Beteiligten sind gespannt darauf, wie sich die Fläche ab dem nächsten Jahr entwickelt. Die Erwartung ist, dass die gemähten Teile, insbesondere die Einsaatflächen, sich insgesamt artenreicher entwickeln, aber dass sich auf dem Bracheteil auch manche Tiere ansiedeln, die auf dem Rest der Fläche möglicherweise fehlen. „Die artenreiche Kulturlandschaft früherer Zeiten, nicht zuletzt mit ihren Wiesen, war Existenzgrundlage für die Bäuerinnen und Bauern der Rundlingsdörfer“, betont Kreiseler. „Wenn alles klappt, können wir hier im Kleinen Anklänge an die damalige, heute oft vergangene Vielfalt zeigen.“
Hintergrund:
„Wilde Wiese Wendland“ ist ein Aktionsbündnis engagierter Menschen, die sich dem Erhalt und der Förderung der Artenvielfalt speziell der Wiesen, Weiden und Brachen verschrieben haben. Wer solche Flächen hat, die in erster Linie als Lebensraum wildlebender Tiere und Pflanzen gewidmet sind, kann sie bei „Wilde Wiese Wendland“ anmelden (https://wendland.wildewiese.net). Sie erscheinen dann auf einer interaktiven Karte und regen vielleicht Andere zur Nachahmung an. Bei Beratungen, Wiesenbegehungen, Kursen, Führungen und Vorträgen vermitteln die ehrenamtlichen Aktiven Wiesenwissen und Pflegetechniken. Praktische Anleitungen zum Sensen und Heumachen sollen ermutigen und darin unterstützen, das eigene Fleckchen Wiese als Biotop anzusehen, zu gestalten und zu pflegen. Ziel ist, im Wendland, das ganz wesentlich durch Wiesen und Weiden geprägt ist, ein engmaschiges Netz aus artenreichem Grünland zu knüpfen sowie diese Idee und ihre Umsetzung zu fördern. Das Aktionsbündnis, das Teil des Vereins EinsWeiter e. V. ist, wird gefördert von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung.