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Was gegen „Schottergärten“ spricht – und warum naturnahe Gärten einen wichtigen Beitrag zum Arten- und zum Klimaschutz leisten (23.07.2020)
Landkreis Lüchow-Dannenberg (PM 210/2020)

Sie gelten als besonders pflegeleicht: Schottergärten. Auch ohne grünen Daumen und mit überschaubarem Aufwand – so heißt es – könne man mit ihnen den eigenen Vorgarten ästhetisch gestalten. Im Volksmund werden diese Stein- und Kiesflächen dagegen auch „Gärten des Grauens“ genannt – nach einer Facebook-Seite gleichen Namens, die der Biologe Ulf Soltau seit 2017 mit großer Resonanz betreibt. Und auch die Untere Naturschutzbehörde und das Bauamt im Lüchower Kreishaus sehen in den auch in Lüchow-Dannenberg aufkommenden Schottergärten einen bedenklichen Trend.

Keinen einzigen grünen Halm zeigt dieser Schottergarten bei Dannenberg. Foto: Jenny Raeder„Weil in ihnen nur noch wenig Leben ist.“ erklärt Dr. Corinna Ebeling von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Lüchow-Dannenberg. „Gärten sind wichtige Refugien für Schmetterlinge, Bienen, ganz besonders für die Wildbiene, für Hummeln und Spinnen.“ Naturnahe Gärten bieten diesen Lebewesen mit einer im Idealfall hohen Artenvielfalt Nahrung und Unterschlupf. Auf größeren Kies- und Steinflächen und in Gärten, in denen jeder Grashalm und jedes Kraut bis in die kleinste Ecke entfernt werde, fehle dagegen dieser wichtige Lebensraum. Für Insekten, die teils dramatische Bestandsrückgänge von bis zu 80 Prozent erleiden, sind blühende Grünflächen unverzichtbar, heißt es von der Unteren Naturschutzbehörde im Kreishaus.

Anders als angenommen sei der Pflegeaufwand in einem Schottergarten im Übrigen relativ hoch, weiß Dr. Corinna Ebeling. Denn beispielsweise in Fugen sammle sich im Laufe der Zeit organisches Material wie Laub und werde dort zu Humus umgesetzt. „Es siedeln sich Flechten, Moose und Wildkräuter an, die äußerst mühsam aus den Fugen gejätet werden müssten.“ Was dann stattdessen oft folgt: der Griff zur Giftspritze, zu chemischen Unkrautvernichtern. „Das ist natürlich nichts, was die Untere Naturschutzbehörde befürwortet“, so Dr. Ebeling.

Vor dem Hintergrund der letzten heißen und sehr trockenen Jahre und des Klimawandels kommen noch zwei weitere Aspekte ins Spiel: „Schottergärten heizen sich im Sommer schneller auf als ein naturnaher Garten und speichern die Wärme auch über Nacht. Im Sommer fehlt so die Abkühlung über Nacht.“ Tatsächlich könnten Schottergärten das Mikroklima ganzer Wohnsiedlungen negativ beeinflussen. Ein weiterer Nachteil: Der mit Schotter bedeckte Boden speichere deutlich weniger Wasser als ein Gartenboden – mit negativen Auswirkungen auf die Grundwasserneubildung.

Begrünte Vorgärten böten demgegenüber ungeahnte Potentiale, so Dr. Ebeling: Sie reduzieren die Hitzeentwicklung durch Beschattung und Verdunstung. Sie nehmen Regenwasser auf und entlasten dadurch die Kanalisation. Wichtig für Allergiker: Sie binden Feinstaub. Und sie können den Bewohnern des Hauses als Sichtschutz dienen und bieten Lebensraum für Insekten und Vögel.

Das wichtigste Argument der Freunde von Schottergärten – der überschaubare Pflegeaufwand – verkehrt sich nach einiger Zeit oft ins Gegenteil, wie man hier an einem Beispiel aus Dannenberg sehen kann. Foto: Jenny RaederAuch das Bauamt der Kreisverwaltung hat beim Thema Schottergärten ein Wörtchen mitzureden. Denn nach § 9 Absatz 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) sind Schottergärten nicht zulässig. „Genau genommen handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit“, erklärt Bauamtsmitarbeiter Wolfgang Hohlfeld. Laut der NBauO müssen nicht überbaute Flächen der Baugrundstücke zwingend Grünflächen mit Gras oder Gehölzen sein. Auch Pflasterungen und Plattenbeläge sind nur in geringem Maße zulässig. Die Vegetation muss auf nicht überbauten Flächen eindeutig überwiegen. Der Landkreis plane, auf die Eigentümer zu zugehen, teilt die Kreisverwaltung mit.

 

 

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