Im Jahr 2018 ist der Grundwasserspiegel in vielen Brunnen besonders stark gesunken. „Und seitdem haben sich viele nicht wieder erholt“, erläutert Dr. Karin Bardowicks den Kreistagsmitgliedern im Fachausschuss. Grafiken mit beobachteten und prognostizierten Niederschlagsmengen und Verdunstung, sowie Messreihen zum Grundwasserstand verdeutlichten die Situation im Landkreis Lüchow-Dannenberg. „Seit fast fünf Jahren ist die Grundwasserneubildung stark eingeschränkt.“
In den Jahren 2018 bis 2022 war die Wasserbilanz an der DWD-Wetterstation in Lüchow negativ. Die Verdunstung lag deutlich über den Niederschlagswerten. Durch höhere Temperaturen, auch im Winter, verdunstet auch mehr Wasser. Weiterhin kommt es auf die Art der Niederschläge an: Bei einem langanhaltenden Landregen wird zuerst die oberste Bodenschicht durchnässt, dadurch kann der Niederschlag auch tief in den Boden eindringen. Doch bei einem Starkregen fließt das meiste Wasser oberflächig ab. Als Folgen des Klimawandels wird erwartet, dass die Niederschläge stärkere Intensitäten haben werden und dass Landregen deutlich seltener wird.
Wasserspiegel im Arendsee sinkt
Im benachbarten Altmarkkreis-Salzwedel sinkt der Wasserspiegel des 509 ha großen Arendsee. Der See steht mit dem Grundwasserkörper Jeetzel-Lockergestein-rechts in Verbindung. Zusammen mit der Wasserbehörde des Altmarkkreises werden die Ursachen gemeinsam untersucht. Das sind neben reduzierten Niederschlägen, die erhöhte Verdunstung auf der Oberfläche des Sees und weniger Zufluss aus den Oberflächengewässern und dem Grundwasser. Und auch ein teilweiser Zusammenhang durch Grundwasserentnahmen im Landkreis Lüchow-Dannenberg kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Mit dem Nachbarlandkreis ist eine weitere Zusammenarbeit geplant, um den Sachverhalt gemeinsam zu klären. Weiterhin will die Untere Wasserbehörde des Landkreises Lüchow-Dannenberg Fördergelder einwerben, um ein regionales Wasserversorgungskonzept aufzustellen. Mit einer Modellierung soll das Zusammenspiel von Oberflächengewässern und Grundwasser, sowie der Einfluss des Wasserstandes der Elbe auf die Grundwasserkörper im Landkreis untersucht werden. Als weiterer Inhalt ist die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs zur Klimafolgenanpassung in der Wasserwirtschaft geplant.
Beregnung und Brunnen
Nach dem aktuellen Erlass des niedersächsischen Umweltministeriums können Landwirte im Bereich des Grundwasserkörpers Jeetzel-Lockergestein-rechts bei fairer Verteilung der verfügbaren Wassermenge auf alle Ackerflächen rechnerisch nur 32 Liter pro Quadratmeter (l/m² oder mm) für die Beregnung nutzen. Zum Vergleich: auf der anderen Seite des Jeetzel sind es aktuell 59 l/m² und weiter westlich in Richtung Ilmenau 156 l/m². Der Bewirtschaftungserlass wird aktuell überarbeitet, und könnte frühestens Ende des zweiten Quartals veröffentlicht werden. Welche neuen Mengen den Grundwasserkörpern zugeordnet werden, bleibt abzuwarten.
Da die Feldberegnung etwa 75 % der Gesamtentnahmen aus dem Grundwasser ausmacht, kommt diesem Sektor eine besondere Bedeutung beim sparsamen Umgang mit der eingeschränkten Ressource Wasser zu. Durch die großen Entnahmen können massive Umweltauswirkungen verursacht werden. Wenn viele Brunnen in geringen Abständen Wasser fördern, kann der Grundwasserspiegel in der Fläche sinken. „Das Prinzip wird genutzt, um Baustellen trocken zu legen“, erläutert Karin Bardowicks, in der Natur bedeute das aber, dass geschützte Bereiche, etwa Fließgewässer und Biotope, austrocknen können. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg gibt es viele Bereiche, in denen genehmigte Entnahmebrunnen sehr dicht an Fließgewässern, stehenden Gewässern oder an grundwasserabhängigen Ökosystemen liegen. Es sind bislang über 100 Verdachtsfälle. „Diese werden in den kommenden Monaten intensiv geprüft“, erläutert Martin Riedel, Fachdienstleiter u.a. der Unteren Wasserbehörde.
Zeit zu handeln
Die Untere Wasserbehörde hat bereits reagiert, die notwendigen Unterlagen für Anträge zur Wasserentnahme sind umfangreicher geworden – auch Auswirkungen auf Ökosysteme werden überprüft und die untere Naturschutzbehörde wird beteiligt. 85 Anträge für die Feldberegnung wurden bereits gestellt, 41 Antragsteller wurden angeschrieben und Unterlagen nachgefordert, weitere 23 Anträge befinden sich in Bearbeitung. „Und in diesem Jahr soll es wieder Überprüfungen vor Ort geben“, erläutert Riedel. Die beantragten Fördermenge können nicht garantiert werden. Bei der rechtlich Unzulässigkeit von Brunnen kann die Entnahme vollständig untersagt werden. Viele Brunnen wurden bislang aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit, in der es ausreichend Grundwasser gab, genehmigt. Die schon deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels und daraus resultierende eingeschränkte Grundwasserneubildung bedürfen einer Anpassung der Entnahmemengen.
„Wir haben historisch niedrige Wasserstände“, fasst Landrätin Dagmar Schulz (parteilos) die Debatte zusammen, es mache keinen Sinn, Sachverhalte zu beschönigen.

Längerfristig sollen Fördergelder akquiriert werden, um die Grundwasserkörper weiter erforschen zu können, aber auch für mögliche Wasserrückhaltemaßnahmen. „Es ist gut, dass das Thema jetzt angegangen wird“, so Carsten Riebock vom Wasserverband Wendland. Auch in der Landwirtschaft wird überlegt, wie Wasser gespart werden kann. Kreislandwirt Adolf Tebel wirbt für Fördergelder für neue wassersparende Bewässerungstechnik. Ein normaler Kreiselregner hat eine Effizienz von 50 bis 70 Prozent, der Rest verdunstet. Optimierte mobile Pivot Anlagen mit Tropfschläuchen haben einen Wirkungsgrad von 80 bis 95 Prozent und eine Unterflur-Tropfbewässerung im Boden arbeitet fast verlustfrei.
Hermann Klepper (Soli) hofft, dass alle Beteiligten jetzt zielgerichtet „nach vorne gucken und entsprechend umdenken“ und Julie Wiehler (Grüne) setzt ebenfalls auf schnelles Handeln.